Solaranlagen auf Hausdächern gehören inzwischen zum Landschaftsbild. PV-Anlagen auf Balkonen noch nicht. Sie sind zwar schon länger im Handel erhältlich. Doch die bürokratischen Hürden für Anschaffung und Inbetriebnahme waren bisher ziemlich hoch. Hier soll sich in 2023 einiges ändern. Der Branchenverband VDE (Verband für Elektrotechnik, Elektronik und Informationstechnik), dessen Vorschriftenwerk die Grundlage für die elektrische Sicherheit der Anlagen bildet, setzt sich für einfachere Regeln ein. Für uns Anlass, die Mini-PV-Anlagen für Sie genauer unter die Lupe zu nehmen.
Balkonkraftwerke
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Wie funktionieren Balkonkraftwerke?
Im Prinzip funktionieren sie wie eine normale Solaranlage. Der erzeugte Strom fließt zum Wechselrichter. Der wandelt den Gleich- in Wechselstrom um. Von dort wird er über ein Kabel ins Hausstromnetz geleitet, wo er sofort nutzbar ist. Balkonkraftwerke bestehen in der Regel aus ein oder zwei Solarmodulen (Maße: 1 x 1,70 m, circa 20 kg), die zusammen bis zu 800 Watt Leistung erbringen. Der Inverter drosselt den Ertrag auf den in Deutschland bislang erlaubten Maximalwert von 600 Watt, bevor er ins Hausnetz eingespeist wird. Der Anschluss an den Hausstrom wird entweder über einen Schuko- oder einen Wielandstecker für Balkonkraftwerke hergestellt.
Die Mini-PV-Anlage können Sie an der Fassade, auf der Terrasse oder dem Garagendach montieren. Wo auch immer Sie die Anlage platzieren, wichtig für eine effiziente Stromgewinnung sind die Ausrichtung (idealerweise nach Süden) sowie der Neigungswinkel zur Sonne (optimal 30 bis 35 Grad). Auch gilt: Je höher die Anlage angebracht wird, desto besser muss sie gesichert werden, um bei Sturm oder Starkregen nicht abzustürzen.
Wann lohnt sich ein Balkonkraftwerk?
600-Watt-Kraftwerke kosteten bei Markteinführung so viel, dass ihr Betrieb sich nicht lohnte. Doch die gestiegenen Energiepreise und die gleichzeitig sinkenden Kosten für die Mini-PV-Anlagen – seit Januar 2023 entfällt beim Kauf die Mehrwertsteuer – verkürzen die Amortisationszeit deutlich. Abhängig vom Standort produzieren aktuelle Balkon-Solarlösungen einen Ertrag von 500 bis 830 kWh pro Jahr. Bei einem Strompreis von 48,12 ct/kWh (BDEW, Stand März 2023) würde dies rund 300 Euro jährlich entsprechen. Eine 600-Watt-Anlage (Paket aus Solarmodul, Wechselrichter, Befestigungsmaterial und Schuko- oder Wieland-Verbindung) kostet im Schnitt 1.000 Euro und hat sich damit nach gut drei Jahren amortisiert.
Eine bundesweite Förderung für die kleinen Kraftwerke gibt es derzeit nicht, unter Umständen aber regionale oder städtische Förderprogramme. Die Energieberater vor Ort kennen sich in der Regel in der Förderlandschaft aus.
Ist für ein Balkonkraftwerk eine Genehmigung erforderlich?
Seit 2018 dürfen Privatpersonen in Deutschland Balkonkraftwerke betreiben. Diese dürfen allerdings – ohne Anmeldung – nicht mehr als 600 Watt pro Wohnung / Zähler liefern. Bislang! Denn der VDE hat Anfang 2023 vorgeschlagen, die Bagatellgrenze auf 800 Watt zu erhöhen. So wie sie auf europäischer Ebene bereits in vielen Ländern wie beispielsweise Österreich gilt. Damit wären alle Anlagen bis 800 Watt aus Sicht der Netzbetreiber nicht mehr „netzrelevant“. Der VDE fordert auch, dass „Stecker-Solargeräte bis 800 Watt Gesamtleistung an jedem Zählertyp verwendet werden und Zähler im Rahmen der Bagatellgrenze auch rückwärtslaufen dürfen.“ Auch sollte man künftig die Geräte bis zu einer Grenze von 800 Watt Leistung nur noch bei der Bundesnetzagentur an- und abmelden müssen. Bislang (Stand 05/2023) sind das allerdings Vorschläge. Ob sie von der Bundesregierung umgesetzt werden, ist noch offen.
Bis dahin gilt: Ohne Genehmigung des Netzbetreibers darf ein Balkonkraftwerk nicht mehr als 600 Watt Leistung ins öffentliche Netz einspeisen. Ihr Betrieb muss beim Netzbetreiber und bei der Bundesnetzagentur (BNA-Marktstammdatenregister) angemeldet werden. Auch benötigen Sie einen passenden Stromzähler. Bei älteren Zählern kann es – wenn Sie mehr Strom erzeugen als Sie verbrauchen – dazu kommen, dass sie rückwärts laufen. Das ist in Deutschland nicht erlaubt, weil der Stromzähler dann mit dem tatsächlich vom Stromanbieter bezogenen Strom nicht übereinstimmt. Wer noch keinen Stromzähler mit Rücklaufsperre hat, muss also umrüsten. Bei einer Leistung über 600 Watt muss ein Elektriker die Anlage montieren.
Für ein Balkonkraftwerk sprechen …
- Balkonkraftwerke sind wesentlich kleiner als ihr Dach-Pendant und überwiegend so konzipiert, dass sie ohne fachmännische Hilfe installiert werden können – vorausgesetzt man betreibt das Gerät über eine herkömmliche Steckdose.
- Sie sind eine schnelle und kostengünstige Möglichkeit, den eignen CO2-Fußabdruck – ein wenig – zu verringern.
- Bei einem Umzug lässt sich die Anlage ohne großen Aufwand abbauen und mitnehmen.
- Über die Mini-PV-Anlage können auch Mieter Solarstrom erzeugen und nutzen.
- Balkonkraftwerke sind eine vergleichsweise günstige Anschaffung, die sich relativ schnell amortisiert.
Kauf-Interessierte sollten allerdings berücksichtigen, dass …
- die erzeugbare Strommenge (noch) auf maximal 600 Watt begrenzt ist.
- sich mit einer Leistung von 600 Watt ein Balkonkraftwerk nicht als unabhängige Stromversorgung eignet.
- (noch) eine Anmeldung beim Netzbetreiber und im Markstammdatenregister erforderlich ist.
- Balkonkraftwerke den erzeugten Solarstrom über eine Steckdose direkt ins Hausnetz einspeisen. Wird dieser nicht verbraucht, geht er ins öffentliche Netz. Eine Vergütung dafür gibt es nicht.
- weitere Kosten entstehen, wenn ein Zähler mit Rücklaufsperre installiert werden muss.
- der Anschluss über die Haushaltssteckdose versicherungsrechtlich und technisch nicht 100-prozentig sicher ist. Der sicherere Wieland-Anschluss verursacht zusätzliche Kosten.
Vermieter dürfen die Zustimmung nicht versagen, aber …
Vermieter sind von derartigen baulichen Maßnahmen in der Regel wenig erbaut. Sie dürfen die Installation eines Balkonkraftwerks jedoch nicht ohne triftigen Grund verbieten. Bei „erheblichen und störenden“ baulichen Veränderungen und / oder nicht fachgerechter Installation können sie aber deren Rückbau verlangen. Auch darf die Demontage keine Schäden an der Mietsache hinterlassen.
Die Verantwortung für die fachgerechte Montage und den ordnungsgemäßen Betrieb trägt der Mieter. Von der Anlage dürfen keine Gefahren ausgehen. Und die Solarmodule sollten so ausgerichtet sein, dass ihre Lichtreflexionen keine unzumutbar starken Blendwirkungen auf Nachbargebäude haben. Rechtsverbindliche Grenzwerte gibt es dafür bislang nicht. Bei einer Eigentümergemeinschaft muss die Mehrheit zustimmen. Für denkmalgeschützte Gebäude gelten spezielle Vorschriften.
Gehen Sie auf Nummer sicher!
Grundsätzlich ist kein eigener Versicherungsschutz für fachgerecht installierte Balkon-Anlagen notwendig, da diese über bestehende Policen abgesichert sind. Die Hausrat- und die Wohngebäudeversicherung decken beispielsweise Sturm- und Hagelschäden ab. Die Haftpflichtversicherung springt ein, wenn sich etwa Anlagen-Teile lösen und jemanden verletzen. Wer eine solche PV-Anlage anschafft, sollte in jedem Fall vorab prüfen, ob entsprechende Schäden mitversichert sind bzw. bestehende Verträge ergänzt werden müssen. Reden Sie vor Montage also auch mit Ihrem Versicherer.
Wichtiges in Kürze
Preissenkung: Seit dem 1. Januar 2023 entfällt die Mehrwertsteuer beim Kauf von Balkonkraftwerken. Das macht die Geräte um 19 % günstiger und erhöht die Nachfrage. Das Potenzial ist groß. Experten schätzen, dass 10 Millionen Haushalte in Deutschland sich für eine Installation eignen.
Genehmigung Vermieter: Wer keine baulichen Veränderungen vornehmen will, benötigt keine Genehmigung seines Vermieters. Dennoch sollten Sie den Wohnungsbesitzer vor Montage informieren. Eventuell sind ja doch bauliche Maßnahmen erforderlich: wenn beispielsweise Paneele an einer Hauswand befestigt werden sollen oder ein rücklaufender Stromzähler ausgetauscht werden muss.
Leistung: Balkonkraftwerke sind in Deutschland bislang nur bis 600 Watt zulässig. Trotzdem lohnt es sich, beim Kauf von vornherein mehr Leistung einzuplanen: So erzielen sie auch bei bewölktem Himmel eine maximale Stromausbeute.